2581 - Wunder in Gefahr by Leo Lukas
Autor:Leo Lukas [Lukas, Leo]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2011-02-05T09:27:14.765000+00:00
8.
Das verschlossene Herz
Mondra Diamond hatte schon viel gesehen, aber das Staunen nicht verlernt. Und hier, vor ihren Augen, wenngleich vollends erfassbar erst durch die schematischen Darstellungen, die Grom Gora projizierte, erstreckte sich ein Gebilde, dessen Gestalt und Dimensionierung allemal Anlass zum Staunen boten.
Der Hohlraum im Zentrum des Handelssterns durchmaß 140 Kilometer. Aus dem umhüllenden Geflecht ragten von allen Seiten blausilbern schimmernde, formenergetische Säulen zur Mitte hin.
Sie waren jeweils mehrere Kilometer dick. Dennoch wirkten sie filigran in Relation zu dem Körper, den sie stützten, obwohl er aus eigener Kraft zu schweben schien.
Auf den ersten Blick handelte es sich um eine kleinere Ausgabe eines Handelssterns. Hier wie dort entsprangen der Oberfläche eines kugeligen Kerns zahlreiche Stachelzapfen. Im Fall des Zentralkörpers waren sie jedoch deutlich schlanker ausgeführt und gingen, sich elegant verjüngend, in die formenergetischen Säulen über.
Die Kugel hatte einen Radius von knapp mehr als fünfzehn Kilometern. Die 62 spitzkegelförmigen Stachel waren bis zu 6,8 Kilometer hoch. Der Gesamtdurchmesser betrug somit etwa 44 Kilometer.
»Wow!«, hauchte Girlen Chetuphoy.
»Ich hätte es nicht besser ausdrücken können«, sagte Mondra.
*
Sie flogen mit den Shifts und Kampfgleitern in den Hohlraum ein und näherten sich vorsichtig der Stachelkugel.
Wie Mücken in einer Kathedrale, dachte Mondra. Wobei ich die Größenverhältnisse noch zu unseren Gunsten verniedliche.
Aus gebotenem Sicherheitsabstand suchten sie nach Schleusen, Luken oder Hangartoren. Jedoch war nichts dergleichen zu entdecken, auch nicht nach mehrfachen Umkreisungen. Die Formenergiesäulen boten ebenfalls keinen Zugang.
»Ortung?«, fragte Mondra.
»Starke energetische Aktivitäten hyperphysikalischer Art im Inneren«, meldete Leutnant Gora. »Außerdem zucken vereinzelt Entladungen aus den Stachelspitzen in die Säulen. Ich stelle sie für euch blauweiß gezackt dar, seht ihr? Sie verlöschen schon nach wenigen Kilometern.«
»Warum? - Pardon, ich meine, welche Funktion könnten sie erfüllen?«
»Ich habe nicht die geringste Ahnung. Wie wir auf Doo XIII sagen: Die Flatulenzen des Urgroßonkels sind eine Plage und sorgen doch immer wieder für einen wohltuend dramatischen Effekt.«
»Aaah ja. - Hinweise darauf, dass unsere Anwesenheit bemerkt wurde?«
»Negativ. Keinerlei eintreffende Ortungsimpulse.«
»Solange das so bleibt, forschen wir weiter.«
*
Stunden verstrichen ergebnislos. Die Mücken schwirrten um den Tabernakel, ohne ein Schlüsselloch zu finden.
Schließlich entschloss sich Mondra zu einem direkten Vorstoß - der knapp oberhalb der von den Stachelspitzen geformten 44-Kilometer-Sphäre unvermittelt gestoppt wurde. Ein goldentransparentes Hindernis erschien und entpuppte sich als undurchdringlicher Schutzschirm.
Nachdem zwei Dutzend weiterer Versuche mit jeweils variierten Anflugs-Parametern gleichermaßen gescheitert waren, richtete Mondra das Wort an den Schattenmaahk.
»Es missfällt mir zutiefst, so weit gekommen zu sein und dann unverrichteter Dinge umkehren zu müssen. Siehst du eine Chance, dass du als pures Bewusstsein die Barriere durchbrechen könntest?«
Pral zögerte mit der Antwort. Er wirkte nicht begeistert.
Wenn dem so wäre, dachte Mondra, hätte er es längst von sich aus vorgeschlagen.
»Ich bitte dich darum«, sagte sie. »Und sei's nur, um Gewissheit zu haben.«
»Diesem Argument beuge ich mich«, erklang es aus dem Anzuglautsprecher des Maahks. »Ich wage das Experiment. Wünscht mir Glück.«
Seine Haltung versteifte sich.
*
Wenige Sekunden später erschlaffte er, schwankte kurz, dann schlug er die vier grün schillernden Augen auf, deren halbkreisförmigen Schlitzpupillen nach vorne und hinten gerichtet waren und ihm eine perfekte Rundumsicht gewährten.
Sein Bewusstsein, erklärte er, habe zwar den Körper verlassen, aber ein unbekannter Einfluss habe seine Fähigkeiten gehemmt.
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